<21> Heer von 180 000 Mann. Wenn der Kaiser darauf einginge, wolle er die Geldmittel zur Bezahlung dieser Truppenvermehrung angeben. Der Kaiser, dessen Geist von Eugens Genie überwältigt war, wagte ihm nichts abzuschlagen; die Vermehrung um 40 000 Mann wurde beschlossen, und bald war das Heer vollzählig. Aber die Grafen Sinzendorff und Starhemberg1, Feinde des Prinzen Eugen, stellten dem Kaiser vor, daß seine Lande, schon durch unerschwingliche Steuern gedrückt, den Unterhalt eines so großen Heeres nicht aufbringen könnten, und wenn man Österreich, Böhmen und die andern Provinzen nicht ganz und gar zugrunde richten wollte, so müßte diese Vermehrung wieder rückgängig gemacht werden. Karl VI., der von den Finanzen so wenig wußte wie von seinem Lande, ließ sich durch seine Minister bereden und verabschiedete die ausgehobenen 40 000 Mann, gerade vor dem Tode König Augusts II. von Polen (1733).

Zwei Bewerber traten für den erledigten polnischen Thron auf. Der eine war Kurfürst August von Sachsen, der Sohn des letzten Königs von Polen, unterstützt vom römischen Kaiser, der russischen Zarin2 und von sächsischem Geld und Truppen. Der andre, Stanislaus Leszczynski3, hatte die Stimmung Polens für sich und wurde von seinem Schwiegersohn Ludwig XV. begünstigt; aber die ganze französische Unterstützung bestand aus vier Bataillonen. Er kam nach Polen, ward in Danzig belagert, konnte sich dort nicht halten und verzichtete zum zweitenmal auf die traurige Ehre, König einer Republik zu heißen, in der die Anarchie herrschte.

Graf Sinzendorff rechnete so sicher auf die friedliche Gesinnung des Kardinals Fleury, daß er seinen Hof leichtfertig in die polnischen Wirren verstrickte. Das Vergnügen, die Krone Polens zu vergeben, kostete dem Kaiser drei Königreiche und einige schöne Provinzen. Die Franzosen hatten schon den Rhein überschritten und belagerten Kehl, als man in Wien noch auf ihre Untätigkeit wettete. Der nun entstehende Krieg war ein Werk der Eitelkeit und der nachfolgende Friede ein Werk der Schwäche. Der Name des Prinzen Eugen hatte noch Klang und unterstützte die österreichischen Waffen am Rhein in den Feldzügen von 1734/35. Bald darauf starb er, zu spät für seinen Ruhm.

Zwei Ämter, die im Prinzen Eugen vereinigt waren, der Oberbefehl über das Heer und der Vorsitz im Hofkriegsrate, wurden getrennt. Graf Harrach trat an die Spitze des Hofkriegsrats; Königsegg, Wallis, Seckendorff, Neipperg, Schmettau, Khevenhüller und der Prinz von Hildburghausen bewarben sich um die gefährliche Ehre, die kaiserlichen Heere zu befehligen. Welch eine Aufgabe, gegen den Ruf des Prinzen Eugen anzustreben und einen Platz einzunehmen, den er so glänzend ausgefüllt hatte! Übrigens waren diese Generale so uneins untereinander wie die Nachfolger Alexanders des Großen. Zum Ersatz für die mangelnde Tüchtigkeit nahmen sie ihre Zuflucht


1 Graf Gundacker Thomas Starhemberg, Konferenzminister.

2 Kaiserin Anna Iwanowna (1730—1740).

3 Zum ersten Male König von Polen 1704—1709, zum zweiten Male 1733—1738.